Hafthaus mit Freistundenhof Hafthaus mit Freistundenhof

Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten sah sich die Sozialtherapeutische Anstalt Gelsenkirchen ab 1998 mit neuen Herausforderungen konfrontiert. Der Anteil von Strafgefangenen, die gemäß § 9 StVollzG (heute § 13 StVollzG NRW) zur stationären Behandlung eingewiesen wurden, verdreifachte sich.
Die Behandlung von Tätern, die wegen schwerer Sexualdelikte verurteilt waren und deren Behandlungsmotivation nicht immer eindeutig gegeben war, wurde zum Schwerpunkt der Tätigkeit.


Als Reaktion auf die veränderte Auftrags- und Belegungssituation wurden die bis dahin üblichen Behandlungsmaßnahmen und Rahmenbedingungen unter Federführung des damaligen Leiters Bernhard Lorenz einer Analyse und umfassenden Umstrukturierung unterzogen, welche in das 1999 in Kraft gesetzte Behandlungskonzept der Anstalt mündete.

Kernstücke dieser Neuorientierung waren die Einführung eines Vier-Phasen-Modells mit jeweils spezifischen Schwerpunkten in der Behandlung der Gefangenen und die Erweiterung des Methodenspektrums um delikthomogene, kognitiv-behavioral ausgerichtete Rückfallprophylaxegruppen, Case-Management und Netzwerkarbeit. Es entwickelte sich eine zunehmend interdisziplinäre und abteilungsübergreifende Behandlungsstruktur, wobei die Wohngruppe jedoch damals wie heute Dreh- und Angelpunkt für alle spezifischen Behandlungsmaßnahmen blieb und bleibt.
Der unverzichtbare Anteil der traditionellen Behandlungselemente Einzelpsychotherapie, Arbeit, Unterricht, Ausbildung und Sport zum integrativen Behandlungsansatz blieb unumstritten und bildete die Grundmatrix für die Modernisierung der Konzeption.

Mittlerweile greift das neue Strafvollzugsgesetz NRW § 13 sowie die §§ 88 bis 90. Hierzu wurde ein 3 Phasen-Modell entwickelt.

Die Sozialtherapeutische Anstalt NRW in Bochum (ehemals SothA Gelsenkirchen) versteht sich als lernende Organisation, die ihr Methoden- und Handlungsspektrum an den aktuellen Rahmenbedingungen, Binnenerfahrungen und wissenschaftlichen Standards orientiert weiter entwickelt. Entsprechend wurde das Behandlungskonzept im Jahre 2001 aktualisiert. Die aufgrund positiver Erfahrungen nach der Pilotierung intensivierten Gruppenmaßnahmen sowie Methoden des Case- managements und der Netzwerkarbeit fanden ihren Niederschlag in der überarbeiteten Version des Konzeptes.

Inzwischen kann über die Erfahrung und Entwicklung mehrerer Jahre Behandlungsarbeit auf der Grundlage des modernisierten Konzeptes eine positive Bilanz gezogen werden. Die Umstrukturierung hat sich bewährt. Insbesondere die Gruppenarbeit hat sich zum zentralen Element in der Behandlung entwickelt. Der an den definierten Behandlungszielen messbare Effekt ist offensichtlich, wenngleich der wissenschaftlich untermauerte Nachweis von Behandlungseffekten über die Auswertung katamnestischer Studien zurzeit leider noch aussteht.